BILDNISSE EUROPÄISCHER PHOTOGRAPHINNEN 1920 – 1940
Sie sind um die Jahrhundertwende geboren: in Wien (Trude Fleischmann), in Budapest (Eva Besnyö), in Prag (Lucia Moholy), in Thorn (Lotte Jacobi, Elsa Thiemann), in Berlin (Marianne Breslauer, Gisèle Freund), oder in Brüssel (Cami Stone); sie kommen aus europäischen Kleinstädten (Gertrud Arndt, Claude Cahun) und haben alle die Chancen der zwanziger Jahre wahrgenommen, einen so neuen Beruf wie den der Photographin zu erlernen. Sie nutzten die Kamera primär als „Instrument der Selbstbestimmung“, und die Neugierde auf das Leben und eine Selbständigkeit außerhalb von Elternhaus und Familie spielte vermutlich eine größere Rolle als die Absicht, eine erfolgreiche Laufbahn zu absolvieren.
Sie stammten meist aus „… wohlbehüteten Elternhäusern, wo Berufe für höhere Töchter nicht erwartet, aber auch nicht verboten wurden …Für diese höchst auffällige Minderheit unter den Frauen stellte dieser flüchtige, historische Übergangsmoment eine außergewöhnliche Chance dar, um Familie, Beruf und gesellschaftliche Tätigkeit zu vereinbaren …“ (Ute Eskildsen, 1994)
Die Ausbildungsstätten waren den Frauen geöffnet worden: Die photographische Abteilung des Lette-Vereins in Berlin wurde 1890 eingerichtet, die Staatliche Höhere Fachschule für Phototechnik in München für Frauen zugänglich seit 1905, die Wiener Graphische Lehr- und Versuchsanstalt seit 1908; die offizielle Fotografie-Abteilung im Bauhaus wurde erst 1929 für alle eingerichtet.
Attraktiv und frei von männlicher Tradition, mit der Möglichkeit ein eigenes Geschäft zu installieren, war die Photographie zu einem bevorzugten Berufsfeld für Frauen geworden. Die Photographinnen eigneten sich das stilistische und theoretische Repertoire an und waren auch beteiligt an den künstlerischen innovativen Bewegungen der Moderne.
Während sich die einen für ein spielerisches Ausprobieren mit der Kamera während ihres Studiums am Bauhaus, der damals experimentierfreudigsten Kunstschule, entschieden (Lotte Beese, Grit Kallin-Fischer, Lucia Moholy, Elsa Thiemann), versuchten sich die anderen auf dem gerade expandierenden Zeitschriften- und Magazin-Markt zu behaupten (Marianne Breslauer, Lotte Jacobi, Elli Marcus, Cami Stone, Yva). Die Entwicklung der illustrierten Presse eröffnete ihnen berufliche Möglichkeiten: moderne Portraits, das journalistische Einzelbild, die glanzvolle Modephotographie, Werbeanzeigen aller Art; diese Praxis der Bildgestaltung war ein Mittel, um ein regelmäßiges Einkommen zu sichern und sich bekannt zu machen.
Dazu boten nicht nur die modernen Reportagen Möglichkeiten, sondern auch das inzwischen aus seinem strengen Kanon entlassene, klassische Sujet – das Bildnis. Welcher Spielraum sich in diesem Fach eröffnete, zeigen sowohl die Einzelportraits aus ungewöhnlicher Nahsicht und verfremdenden Perspektiven, die Inszenierungen im Selbstportrait, bei denen die Photographinnen sich an ihrem eigenen Gesicht erprobten und in die verschiedensten Rollen schlüpften, als auch die Bildnisse, die gegen alle Wiedererkennbarkeit der Abgebildeten dem photographischen Experiment dienten.
Selbstdarstellungen und Vorstellung der weiblichen Identität erfuhren in den ästhetischen Konstruktionen eine neue Qualität (Gertrud Arndt, Marianne Brandt, Claude Cahun).
Die Ausstellung blättert mit Bildnissen von 22 Photographinnen die unterschiedlichsten Auffassungen dieser Gattungen auf
Biografien
GERTRUD ARNDT (1903-2000), ELLEN AUERBACH (1906-2004), LOTTE STAM-BEESE (1903-1988), EVA BESNYÖ (1910-2003), MARIANNE BRANDT (1893-1983), MARIANNE BRESLAUER (1909-2001), CLAUDE CAHUN (1894-1954), TRUDE FLEISCHMANN (1895-1990), GISÈLE FREUND (1908-2000), FLORENCE HENRI (1893-1982), LOTTE JACOBI (1896-1990), GRIT KALLIN-FISCHER (1897-1973), GERMAINE KRULL (1897-1985), Madame D’ORA, (Dora Kallmus 1881-1963), ELLI MARCUS (1899-1977), ETEL MITTAG-FODOR (1905-2005), LUCIA MOHOLY (1894-1989), IDA NAPPELBAUM (1900-1992), CAMI STONE (1892-1975), ELSA THIEMANN (1910-1981), MARTA WOLFF (1871-1942), YVA (Else Ernestine Neulaender-Simon 1900-1942)
Publikationen: A - E
Künstlerinnen: A - E
ERÖFFNUNG
14. April 1999 | 19 Uhr
LAUFZEIT
15. April - 30. Mai 1999
ÖFFNUNGSZEITEN
Do - Fr 15-19 h | Sa - So 12-16 h
STANDORT > ADRESSE
DAS VERBORGENE MUSEUM
Dokumentation der Kunst von Frauen eV
Schlüterstr. 70
10625 Berlin-Charlottenburg
STADTPLAN
siehe Kontakt
Bildzitate | Ausstellung BILDNISSE EUROPÄISCHER PHOTOGRAPHINNEN 1920-1940 | 15. April – 30. Mai 1999
Einladungskarte zur Ausstellung
MAIL>ADRESSE
berlin@dasverborgenemuseum.de
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